Die ersten Ideen zu "Das Grab am Havre" entstanden bereits 2016. Damals stolperte ich das erste Mal über das Kriegsgefangenenlager in Foucarville. Immer mehr Puzzlesteinchen fügten sich zusammen, aber noch fehlte die Initialzündung, um den Roman wirklich fertigzustellen. Die kam dann durch den Wettbewerb "New Writing Talent" von Piper und Buchszene. Bereits während des Publikumsvotings habe ich so viel positives Feedback erhalten, dass schnell klar war, dass ich den Roman fertig schreiben muss.
Ausdrücklich war ein Genremix erlaubt, und das kam mir dann auch sehr entgegen. Ich weiß wohl, dass die Leserinnen und Leser es lieber klassisch mögen. Also Thriller mit einem rasenden Plot und vielen Leichen, Familiengeschichten, die stringent durch erzählt werden oder Romance mit Happy End. In meinen Textschnipseln hatte ich von allem etwas, also wie das unter einen Hut bringen? Irgendwie habe ich es dann doch geschafft, auch wenn so manche liebgewonnene Passage dem Korrekturstift zum Opfer fiel oder spätestens von der Lektorin ins virtuelle Nirwana verbannt wurde. Man kann halt nicht alles haben im Leben – auch nicht als Autorin. Dennoch ist "Das Grab am Havre" kein klassischer Krimi geworden, sondern verbindet Krimielemente mit dem Selbstfindungstrip meiner Protagonistin, erzählt eine Familiengeschichte, stöbert einen Schatz auf und glänzt mit viel Lokalkolorit vom Cotentin, der wilden Halbinsel in der Normandie.
Brigitte ist ihren Job los. Ein Jugendfreund ist gestorben. Anstatt ihrem Mann Paul eine tolle Reise im VW-Bus zu schenken, macht sie sich mit Hund Belmondo und Kater Jean alleine auf den Weg. Neuorientieren möchte sie sich, zurückfinden zu sich selbst. Sie landet im Weiler Saint-Germain-sur-Ay, lernt eine Schäferin und den Geologen Friedrich kennen. Doch dann ist es mit der Beschaulichkeit auch schon vorbei: Ihr Border Collie Belmondo, seines Zeichens Arbeits- und Hüteverweigerer, gräbt in den Dünen eine Hand aus. Die Polizei steht vor einem Rätsel, zumal auch noch Aufzeichnungen in einer unverständlichen Sprache auftauchen. So kommen Brigitte und ihre neuen Freunde in Besitz der Notizen und heften sich an die Spur des unbekannten Toten. Schnell wird die Situation aber brandgefährlich ...
"Das Grab am Havre" spielt überwiegend auf der Halbinsel Cotentin. Das liegt im Nordwesten der Normandie und ist der vorwitzige Rest Frankreichs, der seinen Finger nach Großbritannien ausstreckt. Einst war es wirklich eine Halbinsel, nur an wenigen Stellen bist du trockenen Fußes vom Rest der Normandie auf die nördliche Halbinsel gekommen. Der Rest war sumpfig, moorig und führte fast immer Wasser. Den Wikinger hat das so gut gefallen, dass sie sich hier niederließen und entscheidend die Geschichte prägten. Noch heute gibt es viele Ortsnamen, die ihren nordischen Ursprung nicht verheimlichen können und die quasi unaussprechlich sind.
Der Cotentin ist eine unglaublich abwechslungsreiche Landschaft. Ganz oben im Norden fühlst du dich nach Irland katapultiert, weswegen die Einheimischen diesen Landstrich auch "Kleines Irland" nennen. Es gibt die höchsten Klippen der Normandie am Nez de Jobourg und unendliche Sandstrände südlich von Portbail. Im Landesinneren erwarten sich Sumpflandschaften und fette Wiesen, auf denen ebenso fette Normandie-Kühe grasen. Eine echte Spezialität sind unsere Havres, einst Naturhäfen, heute Salzwiesen. Nur bei den großen Fluten, den Grandes Marées offenbaren sie ihr maritimes Erbe. Dann nämlich strömt wegen des extrem hohen Tidenhubs (bis 12 Meter) das Wasser schnell bis ins Landesinnere vor.
Bei der Beschreibung der Orte und der Landschaften habe ich mich um Authentizität bemüht: Alles soll genau da sitzen, wo es auch in der Realität zu finden ist. So nehme ich dich nicht nur mit auf das Leseabenteuer, sondern auch quer durch meine Seelenlandschaft.